Auswertungs- und Veröffentlichungskriterien

Ein „Bericht“ und keine „Studie“

Der Schutz der Anonymität aller Teilnehmenden stand und steht für uns an oberster Stelle. Bei allen Berichten musste stets abgewogen werden, was und wieviel wir an Informationen aus den Aktenkonvoluten veröffentlichen können, ohne dass es „hochwahrscheinliche“ Rückschlüsse auf die Teilnehmenden gibt. In fast allen Fällen hätten wir eigentlich mehr Details veröffentlichen müssen, um die zu erwartenden „Ablehnungsversuche wegen fehlender Transparenz“ des Systems abzuwehren.

 

Wir sagen: Der Schutz der betroffenen Mütter, Väter und Kinder ist höher zu gewichten!

Mehr Details erhöhen zwangsläufig die Gefahr, dass das „System“ (Amtsgericht / Familiengericht, Oberlandesgericht, Jugendamt, Verfahrensbeistände, Anwaltschaften, etc.) weitere Anhaltspunkte zur leichteren Identifikation von Teilnehmenden an dieser Erhebung bekommen können. Dieses galt es bestmöglich zu minimieren. Umso mehr, wo in Einzelfällen durch laufende Verfahren mehr Details oder mehr Klarheit zu Nachteilen für betroffene Mütter, Väter oder Kinder führen können. Das Vertrauen in das kindschaftsrechtliche System ist derart erschüttert, dass betroffene Mütter und Väter vor Ressentiments des Systems geschützt werden wollen und auch geschützt werden müssen.

 

Der Mythos der „bedauerlichen Einzelfälle“ ist nicht mehr tragfähig!

 

Einzelne in dieser Erhebung aufgeführten „familiengerichtlichen Rituale“ finden sich nicht allein innerhalb aufgeführter Fälle eines einzelnen Vorgangs, sondern in oft gleichem Muster auch in analysierten Verfahren anderer Teilnehmender. Es sind ausdrücklich KEINE „bedauerlichen Einzelfälle“, mit denen sich Richterschaften oder auch das Helfersystem schon in Vergangenheit reflexhaft ihrer hohen Verantwortung „entziehen“ wollen.

 

Vielmehr müssen folgende Missstände deutlicher betrachtet und dringend beseitigt werden:

  • Oberflächlichkeit und qualitativ ungenügende Amtsermittlung
  • Unzureichende Qualifizierung und Fortbildung
  • Einflüsse subjektiver Wertesysteme kindschaftsrechtlicher Akteur*innen
  • Eine kaum bis gar nicht vorhandene Fehlerkultur und eine fehlende Bereitschaft zur Selbstreflektion, die umgangssprachlich als „Betriebsblindheit“ oder gar als „Schmoren im eigenen Saft“ in eigenen, in sich geschlossenen Zirkeln gedeutet werden darf.

Die qualitative Güte eines funktionalen Systems wird durch die Qualität seiner einzelnen Elemente limitiert. Gibt es gleich mehrere „schlechter Zahnräder“ im Getriebe kindschaftsrechtlicher Verfahren, hat das erhebliche Folgen für die allermeisten betroffenen Kinder und einen beachtlichen Teil der Eltern. Und das oft lebenslang und kaum mehr korrigierbar.