008 - Respekt und „Selbstreflektion“ im Jugendamt?

In diesem Fall gibt es nachvollziehbare Einschränkungen in der Aufsichts- und Erziehungsfähigkeit der Mutter. Das ist unbestritten, wird auch von der Mutter selbst eingeräumt. Die Mutter hat darüber hinaus Unterstützung von ihrer eigenen Mutter wie auch zunehmend vom Vater der Kinder, der zunächst – verständlicherweise – die Rahmenbedingungen schaffen muss, um seine zwei Kinder in einen gemeinsamen Haushalt aufzunehmen. Eine notwendigerweise größere Wohnung ist dabei nur ein Beispiel.

 

Ein wesentlicher, deutlich kritikwürdiger „roter Faden“ ist in diesem Fall unter den Oberbegriffen „Respekt“, „Wertschätzung“ und „Selbstreflexion“ der Mitarbeitenden im Jugendamt zu verorten.

 

Deutlich wird das unter anderem in einer Dienstaufsichtsbeschwerde aus dem Familiensystem heraus, in der Übergriffigkeiten diverser Mitarbeitender des Jugendamtes gerügt werden. Obwohl das Schreiben als „Beschwerde“ in der Überschrift definiert ist, ist die erste Reaktion des Jugendamtes an die beschwerdeverfassende Person die Spekulation, ob es sich um eine „Dienstaufsichtsbeschwerde“ oder ein „Schreiben“ handelt.

 

Zugleich lautet allerdings der Email-Betreff selbst der Mitarbeitenden des Jugendamtes „Dienstaufsichtsbeschwerde“. Dazu wird ein Gespräch angeboten. Allerdings nicht mit Vorgesetzten der Mitarbeitenden, über die sich beschwert wurde. Es gab lediglich eine Gesprächsauswahl mit den Personen, über die sich beschwert wurde.

 

Nach fast zwei Monaten ergab dann eine „interne Prüfung“, dass ebendiese „Beschwerde“, die selbst von Jugendamts-Mitarbeitenden als „Dienstaufsichtsbeschwerde“ überschrieben wurde, eben nicht als „Dienstaufsichtsbeschwerde“ zu werten sei und deshalb abteilungsintern beantwortet würde.

 

Auffallend ist bei dieser Antwort darüber hinaus, dass die bearbeitende Person im Kopf des Briefes, die unterschreibende Person und die in der Signatur aufgeführte Person des Jugendamtes drei völlig unterschiedliche Akteure sind.

 

Festzustellen ist aus der Aktenlage auch, dass das gesamte Familiensystem aktiv und kooperativ mitwirkte, dem Jugendamt und der Einrichtung sogar aktiv Arbeit abnahm, nach Kräften unterstützte und Präsenz zeigte.

 

Dem gegenüber bescheinigte ein kinderpsychiatrisches Klinikum (das vom Jugendamt beauftragt wurde) bei einem der Kinder zunehmende Störungen infolge der „harten Vorgehensweise bei der Inobhutnahme“ und beiden Kindern infolge „ständig wechselnder Bezugspersonen in der Vergangenheit“, da die Kinder zunächst weit entfernt untergebracht waren und erst nach Monaten gemeinsam mit der Mutter in einer ortsnäheren Mutter-Kind-Einrichtung kamen.

 

Das Klinikum fordert eine „zeitnahe Klärung des Lebensmittelpunktes, ein stabiles und gut förderndes Umfeld mit emotional zuverlässigen und konstanten Bezugspersonen als wichtigste Komponente“.

 

Anhand der Aktenlage ist erkennbar, dass diese Ressourcen im Familiensystem vorhanden sind und insbesondere auch in der Mutter-Kind-Einrichtung ergänzend und deutlich stabilisierend wirken konnte.

 

Dennoch dauert es weitere Monate bis zu einer Klärung, in der das Familiensystem auch durch erhebliche zusätzliche Kosten sogar in existenzgefährdenden Umständen gehalten wurden.

 

Final leben die Kinder nun beim Vater in einem anderen Bundesland, haben regelmäßigen Kontakt zur Mutter und zur Großmutter. Die Kontakte finden dabei, so oft es geht, im Umfeld des Vaters im anderen Bundesland statt.

 

Zu groß ist die Angst der Familie in der eigenen Stadt, dass es eine erneute Inobhutnahme geben könnte, wenn die Kinder mal zu Besuch sind.

 

Derartige Andeutungen – nicht aktenkundig – sind bei unangekündigten Besuchen auch lange nach dem Umzug der Kinder wohl noch geäußert worden.

 

Vieles war durchaus gut gemeint. Gut gemacht war es allerdings nicht.